An der Schwelle zur Ewigkeit. Gemälde von Vincent van Gogh, 1890. Wikimedia Commons.
An der Schwelle zur Ewigkeit. Gemälde von Vincent van Gogh, 1890. Wikimedia Commons.

Probleme aller Art führten mich in eine andauernde tiefe Innenschau der Welten aus Gedanken, Gefühlen und Ängsten. So habe ich im Verlauf meines Lebens, öfters die Fahrkarte „Hölle und zurück“ gelöst. Manchmal dauerten diese Aufenthalte ein wenig länger, da ich die Rückfahrkarte irgendwie verlegt hatte. Doch die längeren Stopps gaben mir auch reichlich Gelegenheit, die Verhaltensweisen der Einwohner in diesen hässlichen Gefilden wie Eifersucht, Neid, Gier, Hass zu studieren; ihre ungemütlichen Behausungen aus Spannungen, Verlassenheit, Versagen, Auswegs- und Wertlosigkeit kennenzulernen und deren Schlafstätte Depression, in welcher sie sich gerne gemeinsam trafen, einer genauen Untersuchung in mir zu unterziehen.

Überhaupt war dieses Beobachten aller wahrnehmbaren Vorgänge sowohl äußeren wie inneren, ein Wesenszug, der mir schon seit frühesten Kindheitstagen sehr vertraut war. Auch war mein Leben geprägt von einem intensiven Drang, das zu entdecken, was hinter all den Erscheinungen steckt. Auslöser dafür waren immer wiederkehrende spirituelle Erfahrungen. 

Im Alter von etwa zwei Jahren wurde auf lange Zeit ein Rabe mein ständiger Begleiter. Egal was ich tat und wo ich mich aufhielt, er wich nicht von meiner Seite. Er war mein Freund und ich fühlte, dass er mich beschützte. 

Der kleine Valentinus beim testen eines mit Muskelkraft angetriebenen schicken Rennautos.
Der kleine Valentinus beim testen eines mit Muskelkraft angetriebenen schicken Rennautos.

 Von meinem Gitterbett aus beobachtete ich leuchtende, weiße Wesen. Lautlos und sanft flogen sie im Zimmer umher. Ich spürte diese Wesen immer an meiner Seite. Ebenso fühlte ich mich von ihnen beschützt. Sie zeigten sich mir in physischer Form über Jahre hinweg.

 

 

Sergei Rachmaninoff. Wikimedia Commons.
Sergei Rachmaninoff. Wikimedia Commons.

Mit sechs Jahren hatte ich ein ekstatisches Musikerlebnis beim Hören des zweiten Klavierkonzertes von Rachmaninow. Diese Klänge faszinierten mich aufs Äußerste. Immer wieder musste mein Vater diese Schallplatte von vorne spielen.

Bei meinem ersten bewussten Meditationsexperiment mit zwölf Jahren fuhr ich im wahrsten Sinne des Wortes aus meiner Haut oder anders ausgedrückt, ich hatte eine außerkörperliche Erfahrung. 

Nach einer abenteuerlichen und turbulenten Periode meines Lebens ereignete sich 1989 in meinem 26. Lebensjahr die Erleuchtung. 

Ich saß in meiner Wohnung, als plötzlich der ganze Raum von einer alles durchdringenden, machtvollen, stillen Präsenz erfüllt wurde. Ich hatte keine Vorbereitungen in irgendeiner Form dafür getroffen. Ich sah also aus den Augen meines Körpers. Doch das übliche leichtläufige Nachsinnen und Denken war nicht mehr möglich. Diese Präsenz drückte sozusagen die Stopptaste meines Denkapparates. Alles war völlig klar und rein. Es entfuhr mir ein flüsterndes „Wow.“ Von Leere oder Nichts zu sprechen würde diese Erfahrung nicht beschreiben können. Denn selbst das Nichts erschien in diesem allumfassenden Licht wie ein winziges Staubkörnchen, das darin kurz aufleuchtete. Da sich nun diese Präsenz aber partout nicht entfernen wollte, versuchte ich irgendwie wieder einen Gedanken fassen oder formen zu können. Doch vergebliche Müh‘ – denn da war diese unendliche Stille überall. Ich erinnere mich, meinen Körper auf dem Sofa niedergelegt zu haben. Doch ob ich nun die Augen geschlossen oder geöffnet hatte, es machte keinen Unterschied: Stille. Nach einer Weile richtete ich meinen Körper wieder auf und bemerkte, dass es mir langsam wieder möglich wurde, mit der alten Angewohnheit des Denkens zu beginnen.  Ich stellte fest, dass sich mein ganzer Körper völlig elektrisiert fühlte. Meine Hände, meine Finger standen förmlich unter Strom. Allmählich löste sich diese Energie, und ich begann, meinen Körper wieder normal zu empfinden. Nach diesem Ereignis war mein Erleben völlig anders. Es fühlte sich an, als hätte sich ein allumfassendes Licht eingeschaltet, von welchem aus ich die Gedankenbilder und Erinnerungen als Energieformen erkannte, die ich hervorholen, erzeugen oder einfach sein lassen konnte. Sie waren nicht ich, sondern lediglich eine Projektion auf der grenzenlosen Leinwand der Existenz. Ich war mir des Denkens bewusst geworden und sah, dass ich bin, auch ohne zu denken. Ich ist der Name des universellen Seins - Ich bin, der ich bin. Alles war so absolut neu und irgendwie doch nicht neu, denn diese grenzenlose Stille, dieses Licht war ja eigentlich immer schon hier gewesen. In den folgenden Wochen nahm ich alles um mich herum wie einen Traum wahr – mit dem Unterschied, dass ich diesmal wusste, dass dies ein Traum ist.

Osho. Sannyas Wiki.
Osho. Sannyas Wiki.

Nach einer Weile stellten sich Zweifel ein und Fragen tauchten auf. Ich wollte wissen, was sich ereignet hatte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Sie kam in Form eines kleinen Büchleins von Osho, das ich während einer Zugfahrt nach Salzburg las. Nach einigen Absätzen war es mir, als ob sich alle körperlichen Energieschleusen in mir öffneten. Ich schaute auf das Bild von Osho, und ich konnte meinen Blick von ihm nicht abwenden. Ich drückte sein Bild ganz fest an meine Brust. Mein ganzer Körper wurde von tiefster Dankbarkeit und Freude durchflutet. Alles war in reinste Liebe eingehüllt. Durch Osho lösten sich in mir die letzten Schleier der Unwissenheit. Nun wusste ich unmissverständlich, was an jenem frühen Abend geschehen war. Die Menschen in dem Zugabteil fühlten sich ganz offensichtlich berührt von dieser strahlenden Energie, die sich überall in diesem Abteil bemerkbar machte. Von den vorderen Platzreihen kamen sie lächelnd zu mir, um mich danach zu fragen, was denn hier passierte. Doch mein Körper war überfließend mit dieser Energie. Freudentränen. Mein Hals war verschlossen, genauso wie wenn man von Herzen vor lauter Freude zu weinen beginnt. Es war mir nicht möglich zu antworten, doch ich deutete ihnen mit meiner Hand, sie sollen sich doch ruhig wieder hinsetzen. In Salzburg angekommen, traf ich meine Freundin. Das Erste, was ich zu ihr sagte, war: ‚Ich bin erleuchtet.‘ Sie bemerkte die Veränderung und erwiderte, dass ich höchstwahrscheinlich verrückt geworden wäre. Damit hatte sie in einer gewissen Weise wohl recht.  

In einer Buchhandlung wurde ich auf Ramana Maharshi aufmerksam. Sofort spürte ich dieses wärmende Gefühl der tiefen Herzensverbundenheit. Auf einer meiner täglichen Wanderungen entlang den Ufern eines Flusses arbeitete ich mit seiner Suchfrage "Wer bin Ich?". Es war erstaunlich. Sie führte unmittelbar zur Quelle des Seins. Ich liebe Ramana!

Logo der Theosophischen Gesellschaft.
Logo der Theosophischen Gesellschaft.

Wenige Zeit später beschloss ich, diese neue Welt, die sich mir eröffnet hatte, tiefer zu erforschen und mich mit ihr noch vertrauter zu machen. Es wurde eine Zeit der Reisen: nicht nur zu bestimmten Ländern der Erde, sondern auch zu den wundervollen Schätzen der inneren Welten. Ich studierte die Essenz der unterschiedlichen religiösen Systeme und Traditionen und ihre Wege dorthin. Neue spirituelle Erfahrungen, Nahtoderlebnisse, Visionen und Einweihungen ereigneten sich. Viele meiner spirituellen Erfahrungen fand ich in den Schriften der Theosophischen Gesellschaft erklärt, sodass ich für einige Zeit Mitglied dieser Vereinigung wurde. Durch Osho mit dem Zen-Buddhismus in Kontakt gekommen, folgte eine lange Zeit der Zen-Meditation. Ich ließ mich in Frankreich zum Zen-Mönch ordinieren.

Später folgten alljährliche monatelange Aufenthalte in Israel, Ägypten und Indien. In Indien verbrachte ich längere Zeit im Osho Ashram in Poona. Ich hatte bemerkenswerte Treffen mit Annamalai Swami (ein langjähriger Schüler von Ramana Maharshi) und Ramesh Balsekar. Nach einer Zeitspanne von über 16 Jahren, die ich als eine Art ‚moderner Mystiker auf Reisen‘ zubrachte, gelangte ich nach Salzburg, meiner Lieblingsstadt. Hier lebe ich gemeinsam mit meiner Freundin und unseren beiden Hunden in der Nähe des „Lichtberges“, dem Untersberg, der für mich ähnlich bedeutungsvoll ist wie der Arunachala in Indien für Ramana Maharshi – symbolisieren beide doch unsere Essenz unser wahres Ich-Sein.

 

Diese Autobiografie wird fortlaufend erweitert.